Wie entstand die Craniosacral-Therapie?

Die Basis für die Craniosacral-Therapie schaffte die kraniosakrale Osteopathie, welche 1874 vom Amerikaner Andrew Taylor Still begründet wurde. Der Arzt bemerkte die zentrale Bedeutung des Liquors (Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit) für den menschlichen Körper. Denn diese Flüssigkeit schützt und versorgt unser Gehirn, Rückenmark und Nerven.

Stills Schüler, der amerikanische Arzt und Osteopath (Osteopathie = Lehre vom Bau der Knochen) William Garner Sutherland (1873 - 1954), forschte an dieser Erkenntnis weiter und entdeckte um 1900 rhythmische Bewegungen im knöchernen Schädel, im Gehirn, in den Hirnhäuten, im Liquor, in der Wirbelsäule und im Kreuzbein. Neben der Lungenatmung und dem gesamten Herzkreislaufsystem waren diese Bewegungen neu für den Arzt. Er nannte sie „Primäre Respiration“ und forschte Jahrzehnte an ihnen weiter.

Er war überzeugt, dass die Auffassung der traditionellen Schulmedizin, den Schädel als starres, unbewegliches Knochengebilde zu betrachten, nicht richtig sei. Er bewies schließlich, dass der menschliche Schädel aus einem dynamischen System von Schädelplatten besteht. Diese bewegen sich, in harmonischem Zustand, in einem bestimmten Rhythmus von leichter Ausdehnung und Zusammenziehen der Schädelknochen und des gesamten Körpers um die Wirbelsäulenachse herum. In Selbstversuchen, in denen Sutherland bei sich die verschiedenen Schädelknochen fixierte, stellte er gravierende physische und psychische Veränderungen fest.

Viele Jahre später wurden die bis dahin weitgehend unbeachtet gebliebenen Forschungen und Beobachtungen Dr. Sutherlands von dem amerikanischen Chirurgen Dr. John E. Upledger wieder aufgenommen. 1970 assistierte Dr. Upledger bei einer Operation an der Dura mater (Hirnhaut) und wurde so auf den „Craniosacralen Rhythmus“ aufmerksam. Zwei Jahre später entdeckte er während seiner Forschungen die Untersuchungen von Dr. Sutherland. Er untersuchte die Rolle der Hirnhäute und des Bindegewebes in diesem System und entwickelte und verfeinerte das therapeutische Konzept der „Craniosacral-Therapie". Um seine Ergebnisse zu dokumentieren, veröffentlichte Dr. Upledger mehrere Bücher. Er arbeitete und lehrte erfolgreich als Craniosacral-Therapeut und Osteopath.

Wie funktioniert die Craniosacral-Therapie?

Craniosacral-Therapie

Die Craniosacral-Therapie ist eine alternative medizinische Behandlungsform und stützt sich auf die oben beschriebenen Untersuchungen und Theorien, die auf der Strömung unseres Hirnwassers beruhen. Vorrangig wird sie zur Entspannung des zentralen Nervensystems angewandt und kann bei Bandscheibenvorfällen, Hyperaktivität, Migräne und vielen weiteren körperlichen Beschwerden einen positiven Einfluss haben.

Durch spezifische manuelle Techniken versucht der Therapeut Störungen zu beheben und einen normalen Hirnwasserfluss (Liquorfluss) wiederherzustellen. Zwischen Schädel (Cranium) und Kreuzbein (Sacrum) werden Ungleichgewichte ins Gleichgewicht gebracht. Daher kommt auch die Bezeichnung Craniosacral-Therapie.

Auf der Basis der Osteopathie setzt die Therapeutin unterschiedliche feine manuelle Techniken ein, die einen Selbstheilungsprozess im Körper aktivieren sollen. Mit viel Sorgfalt wird nicht nur einzelnen schmerzenden Körperteilen Beachtung geschenkt, sondern der Mensch wird bei der Craniosacral-Therapie ganzheitlich betrachtet. Kontakte werden dabei vorwiegend im Bereich des Schädels (Cranium), Nackens, Zungenbeins, Brustkorbes, Kreuzbeins (Sacrum), Zwerchfells, Beckens, der Wirbelsäule und der Füße ausgeführt. Der Therapeut erfühlt den „Craniosacral-Rhythmus“ am ganzen Körper, dabei gibt die Qualität Auskunft über den Gewebezustand. Blockaden und Restriktionen (Verklebungen) lassen sich so erspüren, beurteilen und behandeln.

Was passiert in einer Craniosacral-Behandlung?

Am Anfang der ersten Craniosacral-Behandlung findet ein ausführliches Anamnesegespräch statt, um erste Eindrücke und Informationen auszutauschen. In der Regel dauert eine Craniosacral-Behandlung 60 Minuten und verläuft sehr ruhig. Eine Therapie kann aus mehreren Einzelsitzungen bestehen, zwischen denen meist ein zeitlicher Abstand von etwa einer Woche oder mehr liegt.

Viele Therapeuten behandeln ihre Patienten in bequemer Kleidung im Liegen. Sie können dabei aber auch sitzen. Während der Behandlung müssen Sie nichts sagen, sondern dürfen sich entspannen und dem Körper das Reden überlassen und ihre Körperwahrnehmung dabei schulen. Denn durch gezielte und sehr sorgfältige manuelle Griffe der Therapeutin, v. a. am Schädel und am Becken, wird der „Craniosacrale Rhythmus“ erspürt und beeinflusst, um wieder ein durchgängiges Fließen des Liquors zu bewirken. Während der Behandlung können Sie eine tiefe Entspannung erleben.

Nach der Craniosacral-Behandlung fühlen sich die meisten Patienten entspannter, vitaler und energiereicher oder sehr müde, je nach Fokus während der Behandlung. Es kann während der Behandlung gelegentlich auch zu emotionalen Reaktionen, wie z. B. Wut, Trauer und Freude kommen, die an die Oberfläche kommen und bearbeitet werden wollen.

Behandlungsmöglichkeiten der Craniosacral-Therapie?

Die Craniosacral-Therapie findet bei unterschiedlichen Beschwerden und Belastungen Anwendung und kann Neugeborenen bis älteren Menschen den Alltag erleichtern.

Zu den geläufigsten Krankheiten und Störungen, die behandelt werden können, zählen:

  • Kopfschmerzen
  • Migräne
  • Schwindel
  • Tinnitus
  • chronische Leiden
  • Mittelohrentzündungen
  • Rückenschmerzen
  • Halswirbelsäulendistorsion (Schleudertrauma)
  • Gelenkbeschwerden
  • CMD (Craniomandibuläre Dysfunktionen) d. h. Kieferbeschwerden
  • Nasennebenhöhlenproblematiken
  • Hormonstörungen
  • Schwangerschaftsbeschwerden
  • Schreikinder
  • Schlafprobleme, Unruhe, Stress, Depression
  • Konzentrationsstörungen (AD(H)S)
  • Burnout

Die Craniosacral-Therapie gilt als ein alternatives Heilverfahren zur klassischen Schulmedizin und wird von dieser als nicht wirksam beschrieben, da bisher die wissenschaftliche Wirkungsweise nach schulmedizinischen Standards noch nicht ausreichend erbracht worden ist.